Lucas Cranach – ohne Heimstatt in der Oberen Stadt!
Was haben die Städte Bretten, Eisenach, Spalt und Kronach gemeinsam? In diesen Städten sind Persönlichkeiten geboren, deren Namen durch das Reformationsjubiläum ein enormes öffentliches Interesse zuteilwurde. Für Kronach lässt sich die Persönlichkeit leicht erraten: Lucas Cranach d. Ä. (1472-1553) Eisenach lässt sich ebenfalls ohne weiteres einer Person zuordnen: Martin Luther (1483-1546).
Schwieriger wird es dann schon mit Spalt und Bretten. Die Persönlichkeiten aus diesen Städten, standen genau so, wie Lucas Cranach d. Ä. mit Martin Luther in enger Verbindung und gelten gleichermaßen als bedeutende Weggefährten des Reformators.
Spalt, eine mittelfränkische Kleinstadt, nennt Georg Burkhart als seinen Geburtsort. In die reformatorische Geschichte ging er als Spalatin (1484-1545) ein und war Geheimschreiber, Beichtvater und enger Vertrauter des Kurfürsten Friedrich des Weisen (1465 – 1525). Er war das Bindeglied zwischen dem Kurfürsten und Martin Luther.
In Bretten ist der zweitwichtigste Mann der Reformation geboren: Philipp Melanchthon (1497-1560). Er war neben Martin Luther die treibende Kraft der Reformation und etablierte mit seinen Schriften und seinen Verhandlungsgeschick auf den Reichstagen in Speyer (1529) und Augsburg (1530) dem Protestantismus in Deutschland. Alle genannten Personen vollzogen in Wittenberg mit Martin Luther die Abkehr von der katholischen Kirche und die Entfaltung einer neuen Lehre.
Wie werden nun diese Persönlichkeiten in ihren Geburtsorten geehrt? Das ist ganz unterschiedlich. Eisenach und Bretten gönnen ihren großen Söhnen eigene Gebäude. Kronach und Spalt begnügen sich mit mehr oder weniger aufwändigen Skulpturen. Kronach hat noch die Fränkische Galerie in der Festung Rosenberg zu bieten. Dort kann man neben einigen Lucas Cranach Werken auch weitere berühmte Künstler des Mittelalters und der Renaissance aus dem fränkischen Umkreis bewundern. Deshalb auch der Name: Fränkische und nicht Lucas-Cranach-Galerie. Soll das einem Künstler von Weltrang und einer Stadt in der er ca. 25 Jahre seines Lebens verbracht hat genügen?
Der Verein „1000 Jahre Kronach eV“ hat dazu eine ganz klare Meinung: Nein! Die Cranach-Bilder in der Fränkischen Galerie bedürfen einer biografischen Ergänzung und zwar in Räumlichkeiten der Oberen Stadt. Denn da hat ja Lucas Cranach d. Ä. seine Kinder- und Jugendjahre verbracht. Sein Geburtshaus ist leider im Jahre 1975 dem Rathausneubau zum Opfer gefallen. Seitdem (und schon vorher) muss(te) das Gasthaus Scharfes Eck als Notbehelf fungieren. Nun stand gerade dieses Gebäude jahrelang zum Verkauf. Der Rat der Stadt hat leider diese günstige Gelegenheit nicht genutzt, das Gebäude, relativ preiswert, zu erwerben und einer kulturellen Nutzung zuzuführen. Unverständlich ist das auch deshalb, weil die Förderkulisse in 2017 für solche Vorhaben außerordentlich günstig ist. Das Gebäude ist zwischenzeitlich an einen privaten Investor verkauft. Die Chance, es für Lucas Cranach zu nutzen vertan.s. Fußnote
Schon 2015 hätte sich die Möglichkeit geboten, in dieser Richtung aktiv zu werden. Denn als im Rahmen der Lutherdekade sich der Focus auf Lucas Cranach d. J. richtete, hätte man mit „ins Boot springen“ können, um in Kronach für den Vater eine würdige Einrichtung zu reklamieren. Fördermittel einzusammeln, wäre aufgrund der landesweiten positiven Cranachstimmung außerordentlich günstig gewesen. Die touristische Strategie der Stadt ist allerdings nicht darauf ausgerichtet, Lucas Cranach in der Obere Stadt zu präsentieren. Das soll ganz alleine der Fränkischen Galerie auf der Festung Rosenberg vorbehalten bleiben. Ein legitimer Anspruch, der jedoch weder dazu beiträgt, den großen Sohn der Stadt zusätzlich angemessen zu würdigen, noch die Attraktivität der Oberen Stadt für Kulturreisende zu erhöhen.
Diese Intention verfolgt aber der Verein „1000 Jahre Kronach eV“ seit seiner Gründung. Und seine Mitglieder trugen dazu schon eine Menge bei. Auch in Sachen Lucas-Cranach-Haus ist bereits beträchtliche Vorarbeit geleistet worden. Seit Jahren sammeln und kauft die Vorstandschaft unterschiedliche Gegenstände auf, die mit Lucas Cranach d. Ä. in Verbindung gebracht werden können. In der Vereinszeitschrift „Cranach“ werden diese oft ausgefallenen Pretiosen regelmäßig vorgestellt. Nun ist der Fundus zwischenzeitlich so groß, dass damit auch eine ständige Ausstellung mit wechselndem thematischen Zugriff bestritten werden könnte. Darauf will man sich jedoch keineswegs beschränken. Eine Katalogsammlung von Cranach Ausstellungen, national wie international, soll die Sammlung ergänzen und Interessierten die Möglichkeit zur Recherche in hochwertigen Quellen bieten. Vielleicht wäre eine solche Einrichtung auch der Initialfunke, sich doch näher mit Lucas Cranach und seiner Zeit in Kronach zu beschäftigen. Denn diese Jahrzehnte (!)seines Lebens (1472 bis ca. 1500) liegen noch vollkommen im Dunkeln. Und warum sollten die Besucher nicht schon in Kronach und nicht erst in Wittenberg ausführlich von der Biografie Lucas Cranach d. Ä. erfahren? Wie so etwas umgesetzt wird, konnte man erst kürzlich anlässlich der Landesausstellung in Coburg zu „Bauern, Ritter, Lutheraner“ kennenlernen.
Es gibt genügend gute Argumente ein solches Projekt anzugehen. Auch das Kronach den Startpunkt für „Wege zu Cranach“ bildet, spricht für eine umfassendere Darstellung von Lucas Cranach d. Ä. Wer sich mit offenen Augen durch das kulturell-museale Angebot anderer Städte leiten lässt, wird schnell erkennen, dass diesbezüglich in Kronach und speziell in der Oberen Stadt Nachholbedarf besteht.
Wie andere Städte mit solchen Immobilien umgehen, kann hier nachgelesen werden:
www.hna.de/lokales/fritzlar-homberg/homberg-efze-ort305309/stadt-homberg-kauft-gasthaus-krone-4468823.htmlwww.schwaebische.de/region_artikel,-Gemeinde-kauft-Gasthaus-Adler-_arid,10669429_toid,478.html
www.ovb-online.de/muehldorf/waldkraiburg/gemeinde-kauft-pichlmeier-wirtshaus-8056137.html
www.kreisbote.de/lokales/fuessen/gemeinde-kauft-gasthof-adler-7372569.html
Bilder:
Gasthaus Scharfes Eck: Von Tors - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, LinkHans Götz, 12.11.2017