Im Rahmen der Lutherdekade wurde kürzlich in Wittenberg das Themenjahr „Bibel und Bild“ eröffnet. Im Fokus steht dabei die Bildsprache der Reformationszeit, die von der Cranach-Werkstatt wesentlich beeinflusst wurde. Daran beteiligt waren sowohl Lucas Cranach d. Ä., ein Weggefährte Martin Luthers, wie auch sein Sohn Lucas Cranach d. Jüngere.
So werden 2015 in vielen Ausstellungen nicht nur die Reformationswerke des Vaters, sondern auch die des Sohnes gewürdigt. Vom jüngeren Cranach ist in der Kunstgeschichte allerdings bei Weitem nicht so viel bekannt, wie von dessen Vater.

Daher werden die zu erwartenden Veröffentlichungen und die Landesausstellung in Sachsen-Anhalt „Lucas Cranach der Jüngere“ vom 26.06. – 01.11.2015 in Wittenberg, Dessau und Wörlitz anlässlich seines 500. Geburtstages mit großer Spannung erwartet.

Die Werbung für dieses Ereignis ist schon angelaufen. Dort wird mit dem Abbild einer Person geworben, von der man „glaubt“, dass sie Lucas Cranach d. J. darstellt. Entnommen ist es einem Gemälde von Lucas Cranach d. Ä.: Das Altar-Triptychon der Stadtkirche St. Marien in Wittenberg zeigt im Mittelbild das Abendmahl, bei dem der Mundschenk dem Junker Jörg (Martin Luther) einen Becher reicht. Und eben dieser Mundschenk soll Lucas Cranach d. J. sein.

Nun wird in anderen (Print-)Medien ein Lucas Cranach d. J. gezeigt, der allerdings wenig Ähnlichkeit mit dem „offiziellen LCdJ.“hat, der für „seine“ Landesausstellung wirbt. Dieses Abbild ist auch einem Abendmahlbild entnommen, allerdings von Lucas Cranach d. J. selbst. Es handelt sich dabei um ein Epitaph für den Dessauer Fürsten Joachim, das in der Johanneskirche in Dessau hängt. Hier wird Lucas Cranach d. J. ebenfalls in der Rolle eines Mundschenks identifiziert.

Welcher ist nun der authentische Lucas Cranach d. J.?

Das Dessauer Gemälde ist 1565 entstanden, das Abendmahlbild der Wittenberger Stadtkirche spätestens 1539. Kann nun das doch so unterschiedliche Aussehen Lucas Cranachs des Jüngeren auf den Zeitverlauf von 26 Jahren und den damit einhergehenden äußerlichen Veränderungen zurückzuführen sein?

1539 war Lucas der Jüngere 24 Jahre, 1565 bereits 50 Jahre alt. Verwandelt sich in der Zeit ein bu-schiger Rotkopf in eine schwarzhaarige von Geheimratsecken gekennzeichnete Person?

Der Mundschenk im Dessauer Bild trägt einen Siegelring mit der Cranachschlange und wird als Selbstbildnis gedeutet. Solche Anhaltspunkte fehlen dem Mundschenk im Wittenberger Abendmahlgemälde vollends.

Dies ist auch nicht verwunderlich. 1539 war Lucas d. J. lediglich Mitarbeiter in der Werkstatt seines Vaters, wenngleich bereits in gehobener Stellung. Diese erhielt er aufgrund des frühen Todes seines Bruders Hans, der 1537 auf einer Italienreise verstarb. 1565 war er dann in der Nachfolgeschaft seines Vaters bereits der Leiter und somit auch der berechtigte Träger der Insignien der Werkstatt.

Wäre es aber nicht auch denkbar, dass das Abendmahlgemälde des Vaters nicht Lucas sondern Hans Cranach zeigt? Das Gemälde ist nämlich nicht genau auf das Jahr 1539 datiert, sondern wird in den einschlägigen Verzeichnissen mit „um 1539“ geführt. In einem digitalen Beitrag auf der Webseite von ARTE.TV.de behauptet die Autorin Jeanne Desto, allerdings ohne eine Primärquelle zu nennen, dass dieses Abendmahlgemälde nach dem Bildersturm 1522 von Martin Luther bei Cranach in Auftrag gegeben worden sein soll. 20 Jahre soll sich die Arbeit an diesem Altarbild hingezogen haben. Wenn dies zuträfe, dann wäre eher eine Darstellung von Hans Cranach als Mundschenk wahrscheinlicher. Denn Hans war bis zu seinem überraschenden Tod Im Jahr 1537 der vom Vater bevorzugte Sohn innerhalb der Werkstatt.

Aufgrund der unsicheren Quellenlage mögen die Ausführungen mehr Spekulation als Tatsachenbe-hauptungen sein. Aber vielleicht bringen die Erkenntnisse der neueren Forschungen zu Lucas Cranach d. J. im Jahr 2015 dazu mehr Klarheit.

Hans Götz, 02.02.2015

Quellen:

  • http://de.wikipedia.org/wiki/Lucas_Cranach_der_J%C3%BCngere
  • http://www.arte.tv/de/das-gemaelde-das-abendmahl-von-l-cranach/3772116,CmC=3772126.html
  • http://www.sachsen-anhalt-tourismus.de/fileadmin/dokumente/pdf/Es_ist_Zeit_zu_den_Werken_Cranachs_nach_Sachsen-Anhalt_zu_reisen.pdf
  • http://www.stiftungfriedenstein.de/sites/default/files/downloads/flyer_-_wege_zu_cranach_2014_-_deutsch.pdf
  • http://www.cranach2015.de/de/cranach-der-juengere-2015-landesausstellung-sachsen-anhalt
  • http://www.val-anhalt.de/rgdessau/04abendmahlsbild.html