Lucas Cranach d. J.: Epitaph Joachims von Anhalt, Johanneskirche Dessau, 1565, der rechts stehende Mundschenk wird als Selbstbildnis Lucas Cranachs d. J. gedeutet

Eine ganze Dekade an Themenjahren geht dem Reformationsjubiläum im Jahre 2017 voraus. Das Jahr 2015, steht unter dem Thema „Bild und Bibel“, das den Blick insbesondere auf die Wort- und Bildsprache der Reformationszeit lenken soll. Da passt es gut, dass der 500. Geburtstag von Lucas Cranach d. J. (04.10.1515) in dieses Jahr fällt. Das Land Sachsen-Anhalt würdigt das bislang noch eher unbekannte Wirken des zweiten Sohnes Lucas Cranach d. Ä. daher in einer Landesausstellung in den Städten Wittenberg, Dessau und Wörlitz vom 26. Juni bis zum 1. November 2015.

Der übermächtige Schatten des Vaters hielt offenbar bisher das kunsthistorische Interesse am jüngeren Cranach in Grenzen. Ein internationales Symposium, das im März 2014 in Wittenberg stattfand, verspricht aber nun, neue Erkenntnisse über den bisher vernachlässigten Künstler zu liefern. Die Ergebnisse sollen 2015 publiziert werden.

Vermutliches Selbstbildnis von Lucas Cranach d. J. Der Siegelring, den diese Person trägt, zeigt die geflügelte Schlange

Hier soll aus den digitalen Quellen für unsere Leser ein Einblick in das Leben und Wirken von Lucas Cranach d. J. gegeben werden.

Wie sein Vater erreichte auch der Sohn ein gesegnetes Alter, als er mit fast 71 Jahren im Jahre 1586 starb. Über 35 Jahre (!) hatte er davor die Leitung der väterlichen Werkstatt inne, die er 1550 übernehmen musste, als Lucas Cranach d. Ä. im gleichen Jahr seinem Kurfürsten Johann Friedrich d. Großmütige nach Augsburg ins Exil folgte. Drei Jahre später starb der Vater in Weimar.

Lucas Cranach d. J.: Cristiane von Eulenau, 1534, Gemäldegalerie Dresden

Die Nachfolgeschaft war aber anders geplant. Nicht Lucas, sondern Hans, der Erstgeborene, und in den Augen des Vaters der talentiertere von beiden, sollte das künstlerische Erbe antreten. Seine Ausnahmestellung in der Werkstatt wird auch durch die ihm zugeschriebenen Werke dokumentiert, die Hans Cranach mit seinem persönlichen Signet neben der Cranach-Schlange kennzeichnete. Lucas wird wohl auch an vielen Auftragsarbeiten für die Werkstatt, in der er mit seinem Bruder ab 1527 arbeitete, beteiligt gewesen sein. Nachweislich in Erscheinung tritt er erstmals 1534 bei den Ausmalungen am Torgauer Schloss, als er zusammen mit dem Vater und dem Bruder in einer Rechnung genannt wird. Als sein Bruder 1537 auf einer Italienreise in Bologna stirbt, wird er wohl nun stärker in die Werkstattleitung mit eingebunden. Dominierend in künstlerischer Hinsicht bleibt aber der Vater. Denn es erweist sich als schwierig, Werke aus der Zeit der Zusammenarbeit eindeutig Lucas Cranach d. J. zuzuschreiben. Diesbezüglich sollen Forschungen mit Hilfe der Infra-Rot-Technik für größere Klarheit sorgen. Als eines seiner ersten Werke wird ihm das Porträt der Christiane Eulenau von 1534 zugeschrieben. Eine Übersicht seiner Werke finden sie hier (Link: Zur Quelle)

Nachdem Lucas Cranach d. Ä. 1550 die Werkstattleitung vollends seinem Sohn übertrug, ließ die Produktivität der Werkstatt zwar nicht nach, doch ist eine gewisse Reduktion der Themenvielfalt festzustellen. Es werden nun weniger Werke mit mythologisch-erotischen Inhalten produziert, dafür mehr Bildnisse und Bilder mit explizit protestantischen Themen. Als Beispiel sei hier das Epitaphgemälde des „Dessauer Abendmahls“ aus dem Jahr 1565 genannt, auf dem sich Persönlichkeiten der Reformationszeit wie Luther und Melanchthon um den Gottessohn versammelt haben. Diese Entwicklung muss nicht von Lucas Cranach d. J. beabsichtigt, sondern kann auch durch die Etablierung der Reformation in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhundert bewirkt worden sein.

Daraus aber zu schließen, dass sich Lucas Cranach d. J. vornehmlich der protestantischen Sache künstlerisch widmete, ist falsch. Er nahm auch Aufträge von der katholischen albertinischen Linie des sächsischen Fürstenhauses an, das sich in der Reformationszeit von der protestantischen ernestinischen Linie abspaltete und dafür die Kurfürstenwürde zugesprochen bekam. Diesen politischen Verschiebungen wusste sich auch Lucas Cranach d. J. anzupassen. Er konnte zwar kein kurfürstlicher Hofmaler werden, da sein Vater mit dem in Ungnade gefallenen vormaligen Kurfürsten Johann Friedrich von der ernestinischen Seite ins Exil ging und somit für Moritz von Sachsen dem neuen Kurfürsten aus der albertinischen Linie nicht vermittelbar war. Trotzdem kamen die meisten Aufträge aus der neuen kurfürstlichen Residenz in Dresden. Seine Wertschätzung gegenüber der Cranachschen Werkstatt zeigten die Kurfürsten auch dadurch, dass sie ihre Maler zur Ausbildung nach Wittenberg schickten.

Lucas Cranach d. J. Christus segnet die Kinder, etwa 1546, Johaniterkirche Schwäbisch Hall

Lucas Cranach d. J. hatte sich nach dem Tode seines Vaters in den politisch nicht einfachen Zeiten des 16. Jahrhunderts als eigenständiger Malerunternehmer etabliert. In Wittenberg zählten die Cranachs mit zu den reichsten und angesehensten Familien. Wie sein Vater begleitete auch Lucas jahrelang politische Ämter: Ratsmitglied von 1549 – 1552, vier Mal Ratskämmerer zwischen 1555 und 1564, Bürgermeister im Jahre 1565 sowie 1566 Altbürgermeister als Beisitzer des Bürgermeisters im Rat zu Wittenberg. Sein bürgerliches Engagement zeigt zwei widersprüchliche Seiten: Er bewahrt eine des Ehebruchs beschuldigte Frau durch seinen Einsatz vor dem Tod durch das Schwert, sprach sich aber in seinem Flugblatt zur Verbrennung der Prista Frühpottin im Jahre 1540 nicht ausdrücklich gegen die Hexenverfolgung aus. (Link:Zur Quelle)

Lukas Cranach d. J. war zweimal verheiratet. Aus beiden Verbindungen gingen neun Kinder hervor, von denen vier vorzeitig verstarben. Die Nachkommenschaft der Cranachfamilie, die so genannten Cranachiden, reicht bis in die Gegenwart und zählt zu ihrem Stammbaum u.a. auch den großen deutschen Dichter J. W. Goethe.

Wie ist nun Lucas Cranach d. J. in der Kunstgeschichte einzuordnen? Werden neuere Forschungen Lucas aus dem Schatten seines Vaters heraustreten lassen? Der Versuch wird zumindest mit den Veranstaltungen und Forschungsarbeiten zu seiner Person unternommen. Das diesjährige Themenjahr „Bild und Bibel“ wird uns Gelegenheit bieten, die Familie Cranach noch besser kennenzulernen. Für Lucas Cranach d. J. wird 2015 jedenfalls ein spannendes Jahr.

Ausstellungen zum Themenjahr „Bild und Bibel“ siehe hier. Link zu den Ausstellungen

Quellen:

  • http://www.luther2017.de/27381/wer-war-lucas-cranach-d-j-auf-der-suche-nach-einem-unbekannten v. 28.12.2014
  • http://www.wochenspiegel-web.de/wisl_s-cms/_wochenspiegel/7459/Wittenberg/36968/Weltpremiere_fuer_Lucas_Cranach_d_J_.html v. 28.12.2014
  • http://wege-zu-cranach.de/die-malerfamilie-cranach.html v. 28.12.2014
  • http://de.wikipedia.org/wiki/Lucas_Cranach_der_J%C3%BCngere v. 28.12.2014
  • http://wege-zu-cranach.de/forschung/cranach-tagung-2014.html v. 29.12.2014
  • http://saebi.isgv.de/biografie/Lucas_Cranach_d.J._%281515-1586%29 v. 29.12.2014
  • http://de.wikipedia.org/wiki/Prista_Fr%C3%BChbottin v. 29.12.2014
  • http://www.anton-praetorius.de/arbeitskreis/arbeitskreis_42.htm v. 29.12.2014
  • http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Paintings_by_Lucas_Cranach_the_Younger?uselang=de v. 30.12.2014
  • Bildnachweis:
  • http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Paintings_by_Lucas_Cranach_the_Younger?uselang=de

Hans Götz, 03.01.2015