Bamberger Stadtarchiv

Die Thematik der Hexenverfolgung im 16. und 17. Jahrhundert hat nun auch Kronach erreicht. Die Stadt übernimmt eine Ausstellung des Staatsarchivs Bamberg, das 2013 seine archivierten Hexenakten der Öffentlichkeit in einer Ausstellung zugänglich machte. Die begleitenden wissenschaftlichen Vorträge über die Hintergründe der Verfolgung, der Hexenpolitik der Fürstbischöfe und die theologische und sozialethische Bewertung stießen bei den Bamberger Bürgern auf große Resonanz. Die Ergebnisse dieser Themenwoche sind in einem Buch zusammengefasst.

Das Hochstift Bamberg zeigte sich in der Hexenverfolgung besonders „engagiert“. Ca. 900 Personen wurden der Hexerei angeklagt, gefoltert und hingerichtet. Der Vergleich mit anderen Regionen offenbart für das Fürstbistum Bamberg eine besondere Leidenschaft der Protagonisten, die Hexerei auszumerzen. Auch die damalige Amtshauptmannschaft Kronach war davon betroffen. Insbesondere in den Jahren 1612 – 1613, der ersten Verfolgungswelle im Fürstbistum, wurden allein in Kronach elf Frauen und 3 Männer der Hexerei angeklagt. Die Namen der Betroffenen sind in der Facharbeit von Theresa Fehn, sie hat für Kronach insgesamt 38 Personen aufgelistet, dokumentiert. Ebenso sind Nachweise in den Büchern von Britta Gehm und Birke Grießhammer zu finden.

Auch für Kronach wird sich die Frage stellen, wie die Stadt mit dieser dunklen Seite ihrer Geschichte umzugehen gedenkt. Die Frage nach den Schuldigen wird sich dabei automatisch ergeben. Ist es die Stadt Kronach als Rechtsnachfolgerin der Amtshauptmannschaft? Immerhin fanden die Verhandlungen vor weltlichen Gerichten statt, deren Mitglieder sich auch aus städtischen Repräsentanten rekrutierten. Oder ist es die Kirche, deren damalige Vertreter in Person der Fürstbischöfe und insbesondere des Weihbischofs Friedrich Förner den geistigen Nährboden für diese unselige Menschenjagd bereiteten? Ob sich eine Schuldfrage im juristischen Sinne überhaupt ergibt, ist grundsätzlich zu prüfen, da die Hexengerichte der damaligen Zeit auf der Grundlage geltender Rechtsvorschiften agierten.

Bleibt dann „nur noch“ eine moralische Schuld? Aus heutiger Sicht wissen wir, dass die angeklagten Frauen, Männer und Kinder zu Unrecht angeklagt, gefoltert und hingerichtet wurden. Wir wissen als aufgeklärte Menschen auch, dass es keine Hexen gab und keine gibt. Die Hexenvorstellungen der damaligen Zeit sind vielschichtiger Herkunft. Sie entstammen sicherlich dem stark ausgeprägten Aberglauben, aber auch der Unwissenheit und der Erklärungsnot für Naturphänomene. Zudem spielten niederere menschliche Schwächen, wie Neid und Missgunst eine nicht unbedeutende Rolle. Nicht zu unterschätzen ist aber auch die Instrumentalisierung durch die Obrigkeit, um ideologisch geprägte Vorstellungen durchzusetzen.

Was kann die Stadt Kronach tun? Bamberg initiiert in Zusammenarbeit mit einem Bürgerverein einen Künstlerwettbewerb für ein Mahnmal. Erzbischof Ludwig Schick hat bereits eine Vergebungsbitte ausgesprochen. Kronach hat nun den Hexenturm mit Informationstafeln ausgestattet. In Wittenberg ist man einen Schritt weiter gegangen. Dort entschloss sich der Stadtrat, die Opfer der lokalen Hexenprozesse durch einen öffentlichen Ratsbeschluss zumindest sozialethisch zu rehabilitieren, um damit einen sichtbaren Beitrag zur Wiederherstellung der Ehre der Verfolgten und Hingerichteten zu leisten. Eine würdige Maßnahme, die auch der Stadt Kronach gut zu Gesicht stehen würde.

Hans Götz, 11.04.2014

Quellenhinweis:

  • Britta Gehm, Die Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg und das Eingreifen des Reichshofrates zu ihrer Beendigung, Hildesheim u.a., 2000
  • Theresa Fehn, Die Hexenverfolgung im Raum Kronach, in: Schriften zur Landes- und Heimatkunde, Bd. 19, Kronach, 2009
  • Birke Grieshammer (Hrsg), Drutenjagd in Franken, 16. – 18. Jahrhundert, 3. Aufl., o.O., 1999
Hans Götz, 16.08.2014